Mitglieder des Forschungsverbunds Leibniz INFECTIONS waren an einer neuen Studie beteiligt, die die Evolution von Antibiotikaresistenzen bei Haemophilus influenzae Bakterien untersuchte. Die Studie zeigt, dass sich die Krankheitserreger schnell an gängige Beta-Laktam-Antibiotika anpassen können. Die genetischen Veränderungen und ihre Folgen sind jedoch erstaunlich unterschiedlich und schwer vorherzusagen. Manche Mutationen machen die Bakterien sogar anfälliger gegenüber anderen Wirkstoffen.
Haemophilus influenzae kann bei Kleinkindern, älteren Menschen und Personen mit geschwächtem Immunsystem schwere Erkrankungen wie Lungenentzündung, Sepsis oder Hirnhautentzündung auslösen. Wie gefährlich der Erreger sein kann, zeigt aktuell ein Ausbruch in Hamburg, bei dem bereits mehrere Menschen gestorben sind. Normalerweise lassen sich Erkrankungen ausgelöst durch H. influenzae mit Antibiotika aus der Beta-Laktam-Gruppe behandeln, die gezielt die Zellwand der Bakterien angreifen. Doch immer häufiger entwickeln sich Resistenzen, sodass bewährte Medikamente ihre Wirkung verlieren.
Forschende des Forschungszentrums Borstel, Leibniz Lungenzentrum und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (Kiel Evolution Center) haben nun untersucht, wie schnell sich H. influenzae Bakterien an Antibiotika anpassen und welche überraschenden Nebeneffekte diese Resistenzevolution haben kann. Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift Antimicrobial Agents and Chemotherapy veröffentlicht.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Resistenz-Evolution nicht immer nach demselben Muster entsteht. Schon kleine Unterschiede im Erbgut können die Wirksamkeit von Antibiotika ganz unterschiedlich beeinflussen. Besonders überraschend war, dass einige Beta-Laktam-resistente Stämme gleichzeitig empfindlicher gegenüber anderen Wirkstoffgruppen wurden“, sagt Sabine Petersen, Erstautorin der Studie.
„Wenn wir verstehen, welche Mutationen Bakterien verwundbarer machen, eröffnet das neue Chancen für die Behandlung von Infektionen“, ergänzt Prof. Matthias Merker, Leiter der Forschungsgruppe Evolution des Resistoms und Mitglied im Forschungsverbund Leibniz INFECTIONS. „Langfristig könnte dieses Wissen helfen, Resistenzen gezielt auszubremsen.“
Die Studie verdeutlicht: Die Evolution von Antibiotika-Resistenzen ist komplexer als gedacht und ihre Erforschung entscheidend, um bestehende Therapien auch in Zukunft wirksam zu halten.
Publikation
Petersen S, Diricks M, Utpatel C, Schulenburg H, Merker M.0.Evolution of beta-lactam resistance causes fitness reductions and several cases of collateral sensitivities in the human pathogen Haemophilus influenzae. Antimicrob Agents Chemother0:e00576-25. https://doi.org/10.1128/aac.00576-25
Beteiligte Projektpartner
Dr. Margo Diricks, Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum,
Prof. Dr. Matthias Merker, Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum