Am 29. und 30. Oktober 2025 trafen sich die Mitglieder des Forschungsverbunds Leibniz INFECTIONS zur 10. Vollversammlung im Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum (FZB). Zum Auftakt der neuen Förderperiode stellten sie die Ergebnisse der abgeschlossenen Forschungsprojekte vor und brachten die neuen Vorhaben auf den Weg.
Im Zentrum der Forschung von Leibniz INFECTIONS stehen antimikrobielle Resistenzen (AMR). AMR bedeutet, dass Krankheitserreger wie Bakterien oder Pilze unempfindlich gegen Medikamente werden. Das bedeutet: Mittel, die früher wirkten, helfen nicht mehr. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnet diese Entwicklung als eine der größten Gefahren für die öffentliche Gesundheit. „Jährlich sterben mehr als 1,2 Millionen Menschen an Infektionserregern, die resistent gegen die gängigen Wirkstoffe sind“, betonte Professor Ulrich Schaible, Sprecher des Verbunds und Zentrumsdirektor des FZB, in seiner Begrüßung. Dieser globalen Herausforderung begegnet der Forschungsverbund Leibniz INFECTIONS mit interdisziplinärer Forschung – also über Fachgrenzen hinweg. Biologen, Agrarwissenschaftlerinnen, Ökologen sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler arbeiten zusammen. Ziel ist, die Entstehung und Ausbreitung von Resistenzen besser zu verstehen und Strategien zu entwickeln, um sie einzudämmen.
Austausch und Rückblick auf die bisherige Forschung
Zur 10. Vollversammlung kamen rund 50 Mitglieder sowie der wissenschaftliche Beirat im Herrenhaus des Forschungszentrums Borstel zusammen, weitere waren online zugeschaltet. Im Vorfeld des offiziellen Treffens konnten sich die neuen Doktorandinnen und Doktoranden mit den erfahrenen Nachwuchsforschenden bei einem gemeinsamen Workshop austauschen und vernetzen.
Ein wichtiger Programmpunkt am ersten Tag waren die Abschlussberichte der Forschungsprojekte aus der vergangenen Förderphase. In sieben Kurzvorträgen stellten die jungen Wissenschaftler und deren Betreuer ihre Projekte vor. Dabei ging es zum Beispiel um die ungleiche Verfügbarkeit von Antibiotika, um die Qualität von Antibiotika im globalen Süden, um Resistenzgene und wie sie über landwirtschaftliche Betriebe hinweg verbreitet werden, sowie um Wasser als Transportweg und Reservoir für antimikrobielle Resistenzen.
Blick nach vorn: neue Partner, neue Projekte
Am zweiten Tag stand die Zukunft im Mittelpunkt. Die neue Forschungsagenda baut auf den bisherigen Erkenntnissen auf und wird durch neue Expertise im Netzwerk ergänzt. Neue Projektpartner sind das Leibniz Forschungsinstitut für molekulare Pharmakologie (FMP), Berlin, und das Leibniz-Forschungsnetzwerk Wirkstoffe, das vom Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie (IPB), Halle, geleitet wird. Sieben neue Projekte wurden im Plenum präsentiert und diskutiert. Danach trafen sich die Projektteams aus den unterschiedlichen Instituten, um die gemeinsame Arbeit im Detail zu planen.
Schwerpunkte der neuen Förderphase liegen auf der Ausweitung der bislang vorwiegend beobachtenden AMR-Forschung auf experimentelle Ansätze, der stärkeren Einbindung von Pilzerregern und Umweltquellen sowie der Untersuchung antimikrobieller Mittel in landwirtschaftlichen Kulturen. Zudem sollen innovative Ansätze, wie etwa der Einsatz von Bakteriophagen – also Viren, die Bakterien infizieren und zerstören können – intensiver erforscht werden. Ebenso werden weitere bedeutende opportunistische Erreger – darunter nichttuberkulöse Mykobakterien und bestimmte pathogene Pilze – in die Forschung einbezogen. Darüber hinaus sollen die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Aktivitäten von Leibniz INFECTIONS künftig noch stärker in die Öffentlichkeit und an Entscheidungsträger vermittelt werden.
Anerkennung durch den wissenschaftlichen Beirat
In der abschließenden Plenumssitzung lobte der wissenschaftliche Beirat die positive Entwicklung des Verbunds. „Die vorgestellten Projekte stehen im Einklang mit dem wissenschaftlichen Schwerpunkt des Konsortiums und werden durch mehrere, hochwertige Publikationen untermauert“, sagte Professor Jan Buer vom Universitätsklinikum Essen stellvertretend für den wissenschaftlichen Beirat. Besonders beeindruckt zeigte er sich vom kooperativen Geist im Verbund und den überzeugenden Präsentationen der Doktorandinnen und Doktoranden. Auch Professorin Michaela Lackner von der Medizinischen Universität Innsbruck, neues Mitglied im Beirat, hob hervor: „Es ist bemerkenswert, was Sie hier aufgebaut haben und wie Sie Interdisziplinarität mit Leben füllen.“
Über den Forschungsverbund Leibniz INFECTIONS
Antimikrobielle Resistenzen (AMR) stellen eine wachsende globale Bedrohung für die Gesundheit von Mensch und Tier dar. Seit 2015 untersucht der Forschungsverbund Leibniz INFECTIONS die Ausbreitung von Infektionen im Sinne des One-Health-Ansatzes, der die enge Verbindung zwischen Mensch, Tier und Umwelt berücksichtigt. Seit 2021 konzentriert sich die Forschung speziell auf die Entstehung und Verbreitung antimikrobieller Resistenzen.
16 Leibniz-Institute und Partnerinstitutionen – darunter das Robert Koch-Institut und das Friedrich-Loeffler-Institut – arbeiten in diesem Verbund eng zusammen. Diese einzigartige Verbindung von biomedizinischer, zoologischer, landwirtschaftlicher, klimatischer, sozial- und wirtschaftswissenschaftlicher Expertise ermöglicht ein umfassendes Verständnis von AMR. Ziel der gemeinsamen Forschungsaktivitäten ist es, Ursachen und Risiken zu erkennen, Gegenmaßnahmen zu entwickeln und Strategien zu entwerfen, um die Ausbreitung resistenter Krankheitserreger langfristig einzudämmen – zum Wohle der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt.
Weitere Informationen: https://leibnizinfections.de


